In der traditionellen mediterranen Küche dominieren vegetarische Rezepte mit Gemüse, Obst und aromatischen Kräutern. Fleisch, gleich welcher Art, spielt trotz der großen Vielfalt an Rezepten eine Nebenrolle. Auch rein vegane Rezepte sind in hohem Maße vertreten.
Voraussetzung für alle Rezepte sind jedoch qualitativ hochwertige und möglichst frische Zutaten. In Italien ist dieser Qualitätsanspruch geradezu der heilige Gral der guten Küche. Dem wird das Kochbuch all’orto von Claudio Del Principe in hohem Maße gerecht.
Inhaltsverzeichnis
Das Kochbuch all´Orto
Der Autor Claudio dell‘ Principe zeigt in dem ansprechenden Kochbuch in gut verständlicher und nachvollziehbarer Weise auf, wie abwechslungsreich und wohlschmeckend die gesunde, mediterrane Ernährung durch vegetarische und vegane Rezepte und in geringerem Maße durch Verwendung fleischlicher Zutaten sein kann. Das erläutert er anhand von authentischen Rezepten aus ganz Italien sowie eigener, interessanter Kreationen.
Dass der Autor hier nicht zwischen den doch sehr unterschiedlichen Küchen von Nord- und Süditalien unterscheidet, schmälert den positiven Gesamteindruck nicht. Hier stellen die Gemüsesorten, und nicht das geographische Gebiet, den roten Faden dar.
Das Buch ist übersichtlich aufgebaut und geschmackvoll illustriert. Die Bilder vermitteln eindrucksvoll, wie appetlich und geradezu verführerisch vegetarische und vegane Rezepte auf den Betrachter wirken. Die vorgestellten Gerichte sind authentisch und durchaus typisch für die Verwendung von Gemüse und Kräutern in der italienischen Küche. Vor allem schmecken sie herrlich.
Die meisten der vorgestellten Gemüsesorten und sonstige Zutaten sind in Deutschland beschaffbar und das in der notwendigen, guten Qualität. Der niedrige Anteil an Rezepten mit Fleisch bzw. fleischlichen Zutaten entspricht in etwa durchaus deren Anteil in der traditionellen mediterranen Küche. Das beruht nicht nur auf den vorteilhaften klimatischen Gegebenheiten des Mittelmeer-Raums, sondern historisch auch auf wirtschaftlichen Gegebenheiten. Fleisch war teuer und der Geldbeutel nicht immer gut gefüllt, die pflanzliche Ernährung war somit auch eine finanzielle Notwendigkeit. So haben die mediterranen Nachbarn aus der Not eine Tugend gemacht.
Die Rezepte sind weitgehend gut und mit relativ geringem Aufwand nachkochbar. Einige Rezepte richten sich jedoch eher an ambitionierte Hobby-Köche, die willens sind, mehr Zeit in die Zubereitung dieser mediterranen Köstlichkeiten zu investieren.
Ein wichtiger Unterschied zwischen der deutschen und italienischen Küche
Zum besseren Verständnis und zur fairen Bewertung der Rezepte ist es hilfreich, sich einen wesentlichen Unterschied zwischen der deutschen und der italienischen Esskultur vor Augen zu führen. In der deutschen Küche gilt tendenziell der Grundsatz: „Ein Gericht = Ein Rezept = Eine Mahlzeit und macht satt“.
In der traditionellen mediterranen Küche, und insbesondere in der traditonellen italienischen Küche, ist dies jedoch nicht der Fall. Eine mediterrane Mahlzeit besteht aus mehreren eher kleinen Gängen. Somit muss ein einzelner Gang alleine nicht zur Sättigung führen.
So sind auch einige Rezepte in diesem Buch zu verstehen. Teilweise sind Sie als Appetizer oder eben als eine von eventuell mehreren Beilagen zu einem anderen Haupgericht gedacht. An dieser Stelle erscheint auch der Hinweis angebracht, dass es in der italienischen Küche kein Gegenstück zur deutschen „Sättigungsbeilage“ gibt. Das ist in Italien gänzlich unbekannt.
Beilagen dienen in der traditionellen italienischen Küche dazu, dass Haupgericht geschmacklich abzurunden. Unter diesem Gesichtspunkt bieten die im „all Orto“ vorgestellten Rezepte auch ein großes Potenzial an Kombinierbarkeit und zur Entfaltung der kulinarischen Kreativität.

Die Tradition des Gemüsegarten in Italien und seine Bedeutung für die Küche
Auch der Name dieses Kochbuchs verdient genauere Betrachtung. Im italienischen bedeutet „Orto“ Gemüsegarten. In seinem ebenfalls lesenswerten und informativen Vorwort erläutert Claudio dell’Principe das Wesen und die Bedeutung des Gemüsegartens und dessen Zusammenspiel mit dem Qualitätsgedanken in der italienischen Küche.
Historisch gesehen diente der weitverbreitete, eigene Gemüsegarten schlicht dazu, den schmalen Geldbeutel zu schonen und die eigene Ernährung teilweise abzusichern. Wer keinen eigenen Gemüsegarten hatte, zog Kräuter und Gemüse, so gut es eben ging, auf seinem zumeist kleinen Balkon oder in seinem Vorgarten. Aus dieser Situation entwickelte sich in Italien eine regelrechte Gemüsegartenkultur. Daraus entstanden im Laufe der Zeit viele einfache, leckere vegetarische und vegane Rezepte.
Insbesondere in Süditalien ist diese Tradition noch sehr lebendig. Jedoch steht heute die Freude am Gärtnern an sich, aber auch das Streben nach Nachhaltigkeit und Qualität von Obst und Gemüse im Vordergund. Gute Restaurants in Süditalien haben heute häufig einen eigenen Gemüsegarten, um Ihren Gästen stets frisches Gemüe in Bio-Qualität bieten zu können.
Auch in Italien hat heutzutage nicht jeder die Möglichkeit, sein Gemüße selber zu ziehen, daher kommt dem Obst- und Gemüsehändler dort eine wichtigere Rolle als in Deutschland zu. Die Bindung einer Hausfrau bzw. eines Kochs zum Obst- und Gemüsehändler seines Vertrauens ist in Italien sehr hoch.
Richtigerweise plädiert der Autor dafür strikt auf Frische und Qualität aller Zutaten zu achten. Nicht jeder verfügt über einen eigenen Gemüßegarten oder einen Balkon. Daher gibt er praktische Tipps, wo man frisches Gemüse kaufen kann.
Ein leckeres vegetarisches Rezept aus dem Kochbuch
Wir haben aus diesem schönen Buch exemplarisch ein Auberginen-Rezept für Sie ausgewählt, weil Auberginen in Deutschland gut beschaffbar sind, einfach herrlich schmecken und jetzt Saison haben.
Melanzane e menta–erfrischender Auberginensalat
Je südlicher man sich in Italien befindet, desto mehr mentuccia (Minze) wird anstelle von Petersilie verwendet. Der kühlende, erfrischende Effekt der Minze ist bei den heißen Sommertemperaturen genau richtig. Diese marinierten Auber ginen aus dem Salento mag ich wahnsinnig gerne, weil sie zum nussigen Schmelz der Auberginen noch das Verspielte der Semmelbrösel bergen.
- 4 mittelgroße Auberginen, in 8mm dicke Scheiben geschnitten
- 45 gramm feines Meersalz
- 4 EL Olivenöl extra vergine
- 2 EL Weißweinessig
- 1 Knoblauchzehe, angedrückt
- 1 kleines Bund Minze, fein geschnitten
- 4 EL Semmelbrösel
Den Backofen auf 220 Grad Celsius vorheizen.
Die Auberginenscheiben salzen und auf zwei mit Backpapier ausgelegten Blechen verteilen. Im vorgeheizten Ofen etwa 10 Minuten backen, bis sie Farbe bekommen, wenden und weitere 5 Minuten fertig backen. Auskühlen lassen.

Olivenöl, Weißweinessig, eine Prise Salz und den Knoblauch miteinander vermischen und 10 Minuten ziehen lassen. Den Knoblauch danach entfernen. Eine erste Schicht Auberginenscheiben auf einer Platte verteilen. Mit Minzeblättchen garnieren, mit der Öl-Essig-Mischung beträufeln und mit Sem melbröseln besprenkeln. So weiterfahren, bis alle Zutaten aufgebraucht sind. Vor dem Servieren mindestens 1 Stunde durchziehen lassen.
Tipp
Das Backen von Auberginenscheiben im Ofen ist für mich die effektivste und schmackhafteste Art, Auberginen zu bräunen – die ganze Küche duftet herrlich nussig! So bereite ich sie auch für Parmigiana di melanzane (Seite 47) oder für Lasagne mit Auberginen zu. Erstens spart man sich so das Öl zum Braten, und die Auberginen saugen sich nicht damit voll. Zweitens können in einem Arbeitsgang weit mehr Auberginenscheiben gebacken werden als in der Pfanne. Drittens entfallen das lästige Einsalzen und Wässern, was viele Rezepte vorsehen. Im Ofen wird den Auberginen das Wasser automatisch entzogen.
Vegetarische Rezepte – Erfahrungen des Meerladyteams
Eines der Rezepte aus diesem Kochbuch ist ein alter Bekannter des Meerlady-Teams. Es handelt sich um das Rezept mit Cime di Rapa. Anlässlich einer Vor-Ort-Recherche auf Sizilien trafen wir eine alte Dame, die vor Ihrem Haus Cime di Rapa aus dem eigenen Garten verkaufte.
Die mediterranen Kollegen waren begeistert und kauften großzügig ein. Abends bereitete die mediterrane Fraktion das Gericht zu und servierte es stolz. Am Geschmack schieden sich jedoch die Geister, den deutschen Kollegen war es zu bitter, die mediterranen fanden es einfach toll. Die Lektion aus der Geschichte: die Geschmäcker sind nun mal verschieden.

all’orto
Claudio Del Principe
Grandiose Gemüsegerichte.
Authentisch italienisch.
Erfrischend zeitgemäß.
256 Seiten mit Farbfotos
Gebunden, Lesebändchen