Seit seit dem 11. Jahrhundert prägen Zitronen die Kulturlandschaft an der Amalfi-Küste. Noch halten einige Familien an den alten Traditionen fest und pflegen ein einzigartiges Landschaftsbild. Einblicke in das Gestern, Heute und vielleicht Morgen der Zitronen-Kultur gewährt ein Besuch bei der Familie Aceto oberhalb von Amalfis Mühlental.
Spätestens seit Goethes Mignon-Gedicht »Kennst Du das Land, wo die Zitronen blühen« sind die gelb leuchtenden Zitrusfrüchte werbewirksames Sinnbild einer Süditalien-Sehnsucht, die seit dem 18. Jahrhundert kaum an Attraktivität eingebüßt hat.
Die vielleicht älteste Abbildung eines Zitronenbaumes am Golf von Neapel findet sich in der Casa del Frutteto in Pompeji. In dem Atriumhause von bescheidenen Ausmaßen geben detailverliebte Wandfresken Blicke auf fantastische Gartenszenen frei.
Vor zweitausend Jahren noch ein exotischer Zierbaum, prägen Zitronen seit dem 11. Jahrhundert, die von der UNESCO 1997 zum Welterbe erklärte Kulturlandschaft der Costiera Amalfitana. Die Terrassierung der Steilhänge, die Anlage ausgeklügelter Bewässerungsanlagen waren ebenso wie der Zitronenanbau Frucht eines Kultur- und Techniktransfers aus dem Orient.

die Familie Aceto im oberen Mühltal
ihren Zitronengarten.

Nachhaltiger Genuss aus dem Mühlental
Seit sechs Generationen pflegt die Familie Aceto ihren Zitronengarten oberhalb von Amalfis Mühlental. Dort sind die meisten der alten, wassergetriebenen Papiermühlen längst Ruinen und auch viele der Zitronengärten an den Hängen wurden aufgegeben. Mühsam ist die Arbeit auf den schmalen, aus Trockensteinen aufgerichteten Terrassen, zu gering der Erlös aus dem Verkauf der Früchte, zu stark die Konkurrenz aus Spanien und Brasilien.



trotzdem haben Alfonso (links im rechten Bild) und Ciccio Spaß bei der Arbeit. Fotos: Peter Amann
Die Zitronen-Ernte findet im Mai unter schwierigen Bedingungen statt
Die Zitronen-Bäume wachsen unter Pergolen. Im Winterhalbjahr werden sie mit Netzen abgedeckt, um die empfindlichen Blüten und Früchte vor starkem Regen und Hagel zu schützen. Im Mai, wenn die Ernte ihren Höhepunkt erlebt, fallen die Schleier und die Hänge ergrünen wieder. Wie Hochseilartisten balancieren Männer über die dünnen Kastanienstangen, die alle 20 Jahre ersetzt werden müssen.
Zur Erntezeit schleppen Männer und Frauen über 50 Kilo schwere Kisten auf steilen Treppenwegen bis zur nächsten Straße. Luigi Aceto hat sich früh Gedanken gemacht, wie er seinen Garten über wirtschaftlich schwierigen Zeiten bringen könne, und 1969 eine Seilbahn zur Erleichterung der Erntearbeit montiert.

Anschließend werden die 50 Kilo schweren Kisten mit der Seilbahn
den Steilhang hinunter transportiert. Fotos: Peter Amann

Eine Gartenführung vermittelt Wissenswertes über die Amalfi-Zitrone
Seit den 1980er Jahren ist sein Garten für zahlende Besucher geöffnet. Unter der begeisternden Führung seines Sohnes Salvatore – in dessen Fußstapfen inzwischen auch dessen Sohn Gianmarco getreten ist – erfahren kleine Gruppen alles Wissenswerte über den biologischen Anbau der Limoni Costa d’Amalfi IGP. Deren geschützte Herkunftsbezeichnung ist ebenfalls ein Verdienst von Luigi Aceto. Die Zitronensorte eignet sich besonders gut für die Zubereitung des Limoncello.
Auch über die fast unendliche kulinarische Verwendbarkeit der gar nicht so sauren Früchte erfährt man viel Praktisches. Eine delikate Degustation beschließt den Rundgang.
Der Hofladen verkauft selbstverständlich auch Limoncello aus eigener Herstellung. Oder nehmen Sie ein paar Bio-Zitronen mit und bereiten Sie den berühmten Zitronenlikör zu Hause zu.

Rezept für den besten Limoncello
Limoncello schmeckt nach Urlaub. Hier verrät uns Salvatore Aceto sein Rezept für den berühmten Zitronenlikör. Am besten schmeckt er pur aus dem Kühlschrank (nicht aus dem Eisfach!) oder als Mixgetränk. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, perfekte Partner sind Gin und Soda oder Holunderlimo und Vodka.
Limoncello fatto in casa
Zutaten
• 8 Bio-Zitronen der Sorte Limoni Costa d’Amalfi IGP
• 1,2 Liter Wasser
• 700 Gramm Zucker
• 1 Liter 95 prozentiger Alkohol aus der Apotheke (Am besten, wie die Zitronen auch, aus dem Italien-Urlaub mitbringen, dort gibt es ihn – deutlich billiger – in jedem Supermarkt.)
Schritt für Schritt Anleitung
1. Zitronen heiß waschen und trockenreiben
2. Die Schale mit dem Sparschäler so dünn abschälen, dass keine weißen Fasern anhaften.
3. Die geschälten Schalen für 7 Tage in den Alkohol einlegen und zudecken.
4. Das Wasser und den Zucker zu Sirup kochen (einige geben den Saft einer Zitrone hinzu) und abkühlen lassen.
5. Den alkoholischen Zitronenschalenauszug abseihen und mit dem Sirup vermischen.
6. In Flaschen abstellen und 20 Tage ruhen lassen.

Hier können Sie an der Amalfi-Küste wohnen
Und diejenigen, die gar nicht mehr fort möchten, können sich bei der Familie Aceto in einem Ferienhaus inmitten von Zitronen einmieten.
Amalfi Lemon Experience, Via delle Cartiere 55/59, Amalfi, Mobil 33 51 21 82 92, www.amalfilemonexperience.it, Facebook
Von Oktober bis März findet die Lemontour bei gutem Wetter täglich statt. Kosten: mit Degustation ab 20 Euro, inklusive Cooking class ab 140 Euro.
In einem stillen Winkel des durchaus trubeligen Amalfi lädt das Hotel L’Antico Convitto zum längeren Aufenthalt ein, die Dachterrasse bietet einen famosen Blick auf den Campanile des Doms.
Der freundliche Besitzer ist als einer der besten Kenner der Wanderwege an der Amalfitana nie um gute Ratschläge verlegen. Via Salita dei Curiali 4 – Amalfi, Tel. 089871849, www.lanticoconvitto.com,
Reiseführer für den Blick hinter die Kulissen – Eine Empfehlung der Meerlady-Redaktion
Seit Jahren begleitet der Reiseführer „Golf von Neapel, Kampanien, Cilento“ von Peter Amann die Meerlady-Redaktion auf ihren Reisen durch Kampanien. Mit diesem „Handbuch für individuelles Entdecken“ stellen wir uns immer ein exklusives Reiseprogramm zusammen.
Unvergesslich bleibt eine Neapel-Reise mit Spaziergang durch Posillipo mit fantastischem Postkarten-Blick über den Golf von Neapel. Die Empfehlung dafür stammt aus dem Reiseführer. Auch Ausflüge mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Caserta und Herkulaneum und den anschließenden Aufenthalt im Cilento haben wir mit diesem Reiseführer geplant.
Individualisten, die sich auf diese klassische und zugleich quirlig lebendige Urlaubsregion, so der Autor in seinem Vorwort, wirklich einlassen und die kulturelle Vielfalt in Ruhe genießen möchten, sind mit diesem Reiseführer bestens beraten. Alle anderen sollten besser eine Pauschalreise buchen.
Das gilt auch und besonders für die Amalfi-Küste mit ihren Touristen-Hot-Spots. Abseits davon kann der individuelle Entdecker in die traditionsreiche Kulturlandschaft eintauchen und das authentische Leben an Italiens schönster Steilküste auf vielfältige Weise erleben.
Dafür gibt Peter Amann in seinem Reiseführer in dem fast 80-seitigen Kapitel über „Die Amalfi-Küste“ zahlreiche Tipps für An- und Weiterreise, Besichtigungen, Übernachtungs- und Einkehrmöglichkeiten sowie sportliche Aktivitäten bis hin zu Tourvorschlägen für Wanderungen. Eine Übersichtskarte der Region erleichtert den Lesern die Orientierung. Besondere Highlights sind im Text gelb markiert und stehen in farblich unterlegten Kästen.
Auf all unseren Wegen fanden wir auch folgende Aussage des Autors in seinem Reiseführer immer wieder bestätigt: „Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit, von wildfremden Menschen beschenkt zu werden, in Süditalien noch ungleich größer als die Gefahr, Opfer eines Diebstahls zu werden.“

Golf von Neapel, Kampanien, Cilento
Reiseführer
Peter Amann
Reise Know-How Verlag
8., neu bearbeitete und komplett aktualisierte Auflage 2018
684 Seiten, über 200 Fotos, 30 Stadtpläne und Karten,
ca. 300 Restaurant-Tipps, 46 spannende Exkurse, Glossar
Interessantes über die Amalfi-Zitrone erfahren Sie auch in diesen Beiträgen
Zitrone vom Antipasto bis zum Dolce und als Bier. Wo Sie in Amalfi abseits der Touristen-Hot-Spots Feines aus den Früchten und Blättern der Zitrone genießen können.
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